Werden sie angesprochen, ob sie Bedenken haben, sich in sozialen Netzwerken zu verbinden und ihre Daten preiszugeben, antworten viele Menschen, sie haben doch nichts zu verbergen. Dies halte ich für eine naive Einstellung, und ich verrate auch, warum ich dies tue.
Wir alle fanden es toll, als plötzlich Google, eBay, Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. das Web eroberten. Viele Nutzer erkannten nicht, wie diese Portale Programmierschnittstellen (so genannte APIs) zur Verfügung stellten, mit denen Nutzerdaten legal aus diesen Netzwerken ausgelesen werden konnten. Diese Schnittstellen bzw. APIs ermöglichen es, sogenannte Apps, teilweise als Spiele oder Umfragen ins Netz gestellt, zu erstellen. Arglos genutzt, versenden diese Apps Kontaktdaten, Telefonnummern und – Benutzerprofile. Das ist ein gefundenes Fressen für Datensammler – Big Data! Durch unbewusst freiwillig herausgegebene Benutzerdaten!
Sie haben nichts zu verbergen? Gut, dann frage ich Sie: wie hoch ist Ihr Jahresgehalt? Nennen Sie mir Ihre IBAN? Wie viel Geld haben Sie auf Ihrem Konto? Ach, das werden Sie mir nicht sagen? Sie haben doch nichts zu verbergen?!
Diese Daten würden Sie mir nicht einfach so geben. Sie geben Facebook nicht Ihre IBAN? Gut, Sie haben mich nicht verstanden: Facebook holt sich diese Daten von anderen Unternehmen, zum Beispiel von PayPal. Clevere Entwickler schaffen es, Daten zu verknüpfen. Hier ist Ihre Telefonnummer bei Facebook, dort bei Twitter, dort bei PayPal. Und wenn diese Firmen Daten austauschen, ohne Ihr Wissen, dann verknüpfen sie diese Telefonnummer hier, Telefonnummer da, ergibt diesen Namen, ergibt diese IBAN. Auch Ihr Krankheitsstand könnte ermittelt werden, wenn Daten zusammengeführt werden. Können Sie dies nun nachvollziehen? „Aber das tun doch diese Firmen nicht?“, denken Sie.
Warum sollten sie es nicht? Warum sollten sie es nicht, wenn sie es können? Warum sollten sie es nicht, wenn es nicht verboten ist oder wenn es unbemerkt geschehen kann? Stellen Sie sich vor: es wird bereits gemacht, sogar von Staaten! China hat ein Bürger-Ranking-System eingeführt. Ja das können Sie hier nachlesen:
https://web.de/magazine/panorama/china-punktesystem-bewertung-menschen-32879362
Daten überwachen Bürger und werten sie aus. „Ich habe nichts zu verbergen“, haben diese chinesischen Bürger vielleicht auch gedacht. Doch jetzt? WeChat ist ein in China häufig genutzter Kurznachrichtendienst, ähnlich WhatsApp.
Die Chinesen fanden es auch nicht schlimm, wenn Alibaba oder Amazon genau weiß, welche Produkte sie in der Vergangenheit gekauft haben. Doch jetzt zucken die Chinesen zusammen. Ihre Regierung hat 2020 ein „Bürger-Ranking-System“ eingeführt. Wer gesunde Nahrung im Internet bestellt, erhält Pluspunkte, wer bei Rot über eine Ampel gelaufen ist, erhält Abzüge. So entsteht ein Ranking-System wie für Kredite bei uns bei der SCHUFA.
Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Wir sollten nun aufwachen. Big Data is ranking you!